Von Dezember 2023 bis Dezember dieses Jahres könnte sich der Preis, den die Güterbahnen pro Kilometer für die Schienennutzung („Maut“) bezahlen, mehr als verdoppeln. Ursache ist einerseits die beispiellose Anhebung des Trassenpreises durch die DB InfraGO AG von 3,21 Euro (2023/24) auf 3,64 Euro (2024/25) pro Kilometer für die Standardtrasse im Schienengüterverkehr. Gleichzeitig hat die Regierung aufgrund ihres Sparkurses Kürzungen gegenüber ihrer ursprünglichen Finanzlinie bei der Trassenpreisförderung durchgesetzt: Wo zuvor noch 377 Millionen Euro (2023) Förderung vorgesehen waren, sind es im Jahr 2024 noch 229 Millionen Euro und ab 2025 möglicherweise nur noch 179 Millionen Euro. Preissteigerungen und Kürzungen ergeben kombiniert eine Steigerung um 113 Prozent in weniger als zwei Jahren.
Wie ist so etwas möglich?
In Deutschland werden im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern sogenannte Vollkostenzuschläge auf die Trassenpreise erhoben. Damit begleichen die Eisenbahnunternehmen nicht nur die direkten Kosten der Netznutzung, sondern auch die Instandhaltung, die Verwaltung und die Verzinsung des Eigenkapitals des Infrastrukturunternehmens. Da die Kosten bei der DB Netz, jetzt DB InfraGO AG, bereits seit Jahren steigen, steigt jährlich der Trassenpreis. Bislang bewegten sich die Erhöhungen seit der Einführung des aktuellen Trassenpreissystems in 2017/2018 für den Güterverkehr um die zwei Prozent. In ihrem ersten Jahr hat die neue DB InfraGO Mehrkosten in Höhe von sechs Prozent angemeldet – diese werden jedoch nicht gleichmäßig auf die drei Verkehrsarten Personenfern-, Personennah- und Güterverkehr verteilt. Durch einen Preisdeckel, der zwischen Bund und Ländern verhandelt wurde, ist der Schienenpersonennahverkehr vor diesen Preissteigerungen geschützt, sodass die Trassenpreise im kommenden Jahr um nur 0,6 Prozent steigen dürfen. Zusätzlich werden mit der Gründung der DB InfraGO nun erstmalig auch die Kosten für den Betrieb der Personenbahnhöfe auf den Güterverkehr umgelegt. Da die Vollkosten der DB InfraGO vom Markt beglichen werden müssen, resultiert jede Preissenkung für eine Verkehrsart in Preiserhöhungen für die anderen. Die Preise des Güter- und Personenfernverkehrs steigen dadurch stärker, nämlich um sagenhafte 13,4 bzw. 19,5 Prozent. Die Güterbahnen und der Fernverkehr finanzieren so die günstigen Preise und die Infrastruktur für den Nahverkehr, während die Wettbewerbsnachteile im Güterverkehr gegenüber dem Lkw weiter verschärft werden.
Einen Preisdeckel gibt es für Güterbahnen nicht, sodass auch in Zukunft die Trassenpreise weiter steigen dürften. Dafür sorgt bereits die für die Branche unverständliche Beibehaltung eines Gewinnziels für ein gemeinwohlorientiertes Unternehmen und die Aufstockung des Eigenkapitals der DB AG um 5,5 Milliarden Euro allein im laufenden Jahr, die in den kommenden Jahren üppig verzinst in die Kosten des Unternehmens einfließen. Der Bundesnetzagentur, die eigentliche Hüterin des Wettbewerbs, sind rechtlich weitestgehend die Hände gebunden. Aufgrund der steigenden Kosten bei der DB InfraGO und der Sonderstellung des Nahverkehrs, werden die Trassenpreise trotz der enormen Belastung für die anderen Verkehrsarten aller Voraussicht nach im Februar oder März 2024 genehmigt werden. Es braucht eine grundlegende Reform des ERegG und eine sinnvolle Überarbeitung des Trassenpreissystems – dann könnte auch die staatliche Förderung problemlos entfallen.
Da eine solche Reform jedoch nicht rechtzeitig greifen würde, um den Schienengüterverkehr vor den ausufernden Kosten in 2025 zu schützen, braucht es die Trassenpreisförderung weiterhin. Die Nutzung der Trassen im Schienengüterverkehr wird seit 2018 staatlich gefördert, da die Eisenbahn noch immer große Wettbewerbsnachteile im Vergleich zum Lkw hat. Ein Teil dieser Nachteile – ausgelöst beispielsweise dadurch, dass Lkw nur auf sechs Prozent der Straßen Maut zahlen, eine gute Qualität und Dichte des Straßennetzes vorfinden und Steuerprivilegien beim Diesel genießen – soll so, bis faire Rahmenbedingungen zwischen den Verkehrsträgern geschaffen werden, ausgeglichen werden. Doch ausgelöst durch die Haushaltskrise des Bundes, wurde die Trassenpreisförderung kurzfristig gekürzt. Für 2025 ist eine noch niedrigere Fördersumme angekündigt, in der Gesamtheit steigen die Trassenpreise so um mehr als das Doppelte.
Durch die aktuellen Fehlanreize werden auch die Preissteigerungen übertroffen, die die Lkw-Spediteure in Konsequenz der Reform der Lkw-Maut jüngst lautstark kritisiert haben: Nachdem 2017 zuletzt der Mautsatz auf der Straße angehoben wurde und die Preise seither stabil blieben, gilt seit Dezember 2023 ein neuer Mautsatz, der eine 88-prozentige Steigerung für den Standard-Lkw brachte. Die Spediteure dürften jetzt eine Weile verschont bleiben, bis per Gesetz neue Lkw-Mautsätze beschlossen werden. Bei der Schiene werden die Preise jedoch nicht per Gesetz, sondern durch die gewinnorientierte DB InfraGO zur Deckung der eigenen Kosten festgelegt. Den Preis zahlt der Schienenverkehr, sofern die Trassenpreisförderung bei der Festlegung des Haushalts 2025 nicht wieder deutlich aufgestockt wird. Ansonsten wird insbesondere der zukunftsgerichtete kombinierte Verkehr, bei dem die Margen bereits jetzt knapp kalkuliert sind, auf die Straße abwandern.